Ha. Wer sagt's denn? Vor vier Wochen noch habe ich bei Óscar García in Soria gegessen und zum Abschied zu dem jungen KÜchenchef gesagt: "Ich werde dich verfolgen. Mal sehen, wann du deinen ersten Stern hast." Und nu isser da: Heute hat Michelin bekannt gegeben, dass Óscar zu den spanischen Köchen zählt, die sich erstmals über einen der begehrten Sterne freuen dürfen.
Nicht, dass ich dem Sterne-Hype hinterherlaufen würde. Aber im Oktober in Soria haben wir bei Óscar so ausnehmend gut gegessen, dass ich mich gefragt habe, wieso der gute Mann eigentlich kein Sternchen hat. Aber das ist ja nun Geschichte.
Ein Bollwerk im lukullischen Reich Kastiliens war Óscar García schon länger. Schließlich heißt sein Restaurant "Baluarte": Festung. Und diese hat der junge Küchenchef wirklich auf ein starkes Fundament gebaut.
Angefangen hat alles in Óscars Heimatort Vinuesa in der Nähe von Soria. Dort stand er als Jungkoch im Restaurant des Hotels Alvargonzález am Herd. Bis er 2008 seine Festung in der Hauptstadt der Provinz Soria eröffnete. 2013 wurde er zum besten Koch der Region Castilla y León gekürt und bald schon von der Wirtschaftszeitung Expansión in die Liste der 20 besten und aussichtsreichsten jungen Köche Spaniens aufgenommen.
Was Óscar García ausmacht: Er liebt seine Heimat und setzt alles daran, die kastilische Natur und Seele möglichst unverfälscht auf den Teller zu bringen. Lange schon hat er sich deshalb einen Namen gemacht für seine Liebe zu Pilzen, die im Norden Kastiliens im Überfluss sprießen - sofern genügend Regen fällt. Ganz besonders angetan hat's ihm die schwarze Trüffel von Soria, die sich dieses Jahr angesichts der Trockenheit allerdings recht schwer tut. Dazu kommen speziell fürs Baluarte gepresstes Olivenöl und jede Menge frische Öko-Produkte aus dem eigenen Garten.
Im Oktober begann im Norden Kastiliens die Pilzsaison. Klar also, dass Óscar uns ein Pilzmenü kredenzte: Los ging's mit einer sehr aromatischen Pilzessenz, gefolgt von Süßkartoffel-Foie-Ravioli mit Steinpilzcreme und schwarzem Knoblauch. Zum Dahinschmelzen! Absolut köstlich auch die Verbindung aus Tintenfisch mit Steinpilz und Judasohr (oreja de judas), das wir auch als Wolkenohrenpilz oder Mu-Err kennen.
Und dann matanza con boletus: Die "Schlachtung mit Steinpilz" entpuppte sich als geniale Trilogie aus einer Art Schweinebraten mit süßlicher Sojasauce, Schweinebauch sowie raffinierten Bällchen aus Schweinsfüßchen und -ohr, die in schwarzem Sesam gewälzt waren.
Nach so viel raffinierter Kleinteiligkeit hätte ich bei den speckummantelten Röllchen aus Hirschhack mal das unfaschierte Fleisch bevorzugt - einfach dünne Scheiben Hirsch statt des Hacks. Wunderbar stimmig war hingegen die Kombi mit Totentrompeten, einem Hauch Nelke und - das werde ich mir merken! - Krümeln von Schoko-Cookies.
Sehr wohltuend war bei allen Gängen die gelungene Kombination aus Bodenständigkeit und Kreativität. Jedes Gericht handwerklich perfekt, manches auch mit einem originellen Touch - und dabei kamen die einzelnen Aromen immer wunderbar zur Geltung.
Nur eines muss wirklich nicht sein: ein Dessert mit Pilzen. Anders als manche seiner Kollegen erspart Óscar seinen Gästen derlei Attacken auf die Geschmacksknospen. Dafür gab's eine feine Melange aus Marrón glacé, Kastanien-Mousse, Waldbeer-Sorbet und Süßkartoffel. Ein würdiger Abschluss - ebenfalls mit diesem Touch von Wald.
Restaurant Baluarte
C/Caballeros 14
Soria, Castilla y León
Tel. + 34 975.213.658
www.baluarte.info