Bunol, Spain - August 28: With a truck throw tomatoes into crowd on Tomatina festival in Bunol, August 28, 2013 in Spain
Foto: Mik Man

Wenn Sie wie ich Wert darauf legen, mit Lebensmitteln achtsam umzugehen, dann müssen Sie jetzt stark sein. Am 31. August steigt im Hinterland von Valencia wieder die Schlacht des Jahres: Bei der Tomatina in Buñol hauen sich jedes Jahr Ende August Hunderte mutiger »Kämpfer« vollreife Tomaten um die Ohren.

Die Waffen liegen schon bereit für den Kampf. Die Spannung steigt. Am 31. August steht wieder die Tomatina im Jahreskalender von Buñol, einem ansonsten unscheinbaren Städtchen etwa 40 Kilometer westlich von Valencia. Die erfahrenen Kämpfer sind gut ausgerüstet – mit alten Hosen, Regenjacken und Gummistiefeln. Auch eine stabile Sonnenbrille kann nicht schaden, damit die Sache nicht ins Auge geht. Denn wer unvorbereitet in den Kampf zieht wird am Ende aussehen wie direkt einem Horrorfilm entstiegen. Die Geschosse sind nämlich matschweiche reife Tomaten.

Die werden speziell zur Tomatenschlacht nach Buñol gekarrt. 2015 waren es 150 Tonnen Tomaten in sechs Lastwagen – meist überreife Früchte, die für den Verkauf ohnehin nicht mehr geeignet sind (zumindest diese Tatsache versöhnt jene, die tief verinnerlicht haben, dass man mit Essen nicht spielt. Aber eine Tomatensuppe hätte man daraus schon noch machen können…).

Matschiges Manöver

IMG_0014Das matschige Manöver findet immer am letzten Mittwoch im August statt. Dann drängen sich bis zu 50.000 Menschen in dem 9.000-Seelen-Städtchen. Um Punkt elf Uhr hallt der Startschuss durch die Straßen. Hunderte Kämpfer, bis unter die Zähne bewaffnet mit Tomaten, gehen mit sinnlicher Freude aufeinander los. Paradiesäpfel fliegen durch die Luft, klatschen den Gegnern ins Gesicht und an Schaufensterscheiben. Bald schon sehen die Straßen aus wie Fließbänder in einer Ketchupfabrik: überall Tomatenpüree und Saft.

Das Spektakel dauert genau 60 Minuten – bis um zwölf Uhr ein weiterer Böllerschuss den Krieg beendet. Dann rücken die Reinigungstrupps an, um den tomatigen Schlamassel zu beseitigen. Und die Krieger tragen stolz ihre versauten T-Shirts als Trophäen nach Hause.

Mehr als 70 Jahre Tomatina: Historie der Tomatenschlacht

Die Tomatina geht zurück auf einen Mittwoch im Jahre 1945. Damals feierte man wie immer Ende August die Fiesta zu Ehren des Stadtpatrons San Luis Bertrán. Während des Festumzugs gerieten sich wohl ein paar junge Leute in die Haare. Vor einem Gemüsestand soll die Situation außer Kontrolle geraten sein: Ein paar Querulanten schnappten sich Tomaten aus der Auslage und gingen damit aufeinander los, bis die Polizei sie stoppte. Andere Quellen erzählen, dass unzufriedene Bürger Politiker mit Tomaten bewarfen, und sogar von einem Musiker ist die Rede, der so schlecht spielte, dass er den Unmut des Publikums in Form von Tomaten zu spüren bekam.

In den folgenden Jahren tauchten einige Witzbolde dann gleich prophylaktisch mit Paradiesäpfeln beim Patronatstfest auf. Die Ordnungshüter aber setzten dem matschigen Ansinnen ein Ende. Später wurde die Tomatenschlacht sogar für ein paar Jahre komplett verboten, aber die Tomatina war nicht mehr totzukriegen. Heute ist sie ein weit über die Landesgrenzen hinaus bekanntes Volksfest, das seit 2002 sogar das Siegel »Fest von internationalem touristischen Interesse« trägt.

logo-tomatinaDie Gesetze der Tomatenschlacht

Die Stadt Buñol hat sich die Tomatina mittlerweile als eingetragenes Markenzeichen schützen lassen, und es gibt sogar eine Art »Kriegsrecht«. Auf der offiziellen Tomatina-Website werden die »normas« der Tomatina aufgelistet. Da heißt es beispielsweise: »Die Tomatina beginnt um elf Uhr mit einem Böller und endet Punkt zwölf Uhr mit dem zweiten Böller.« Oder: »Zerquetsche die Tomaten vor dem Werfen, der Aufschlag ist dann weniger schmerzvoll.« Und die wenigen Damen im Kampf will man wohl hiermit schützen: »Zerreiße keine Shirts – weder Deine eigenen noch die von anderen.«

Ob mitten im Getümmel oder am Rande als Zaungast: Bei diesem Spektakel bleibt kein Hemd und kein Auge trocken. Und das macht gar nichts. Schließlich lassen sich die Wundmale dieser Schlacht ganz einfach unter der Dusche oder mit der Waschmaschine beseitigen.